Fjord1 | Portfolio-Update

Läuft es operativ schlecht, fallen Aktien. Manchmal fallen Aktien aber auch, obwohl es operativ gut läuft – und dann fragt man sich: warum? Unsere Beteiligung am norwegischen Fährbetreiber Fjord1 ist so ein Fall. Die Aktie notiert derzeit unter unserem Einstand. Selbst dann, wenn man berücksichtigt, dass wir insgesamt 5,40 NOK an Dividenden vereinnahmt haben.

Dabei hat uns das Unternehmen auf der operativen Seite bislang rundum positiv überrascht:

Annahme 1) Unsere ursprüngliche Bewertung ist auf der vorsichtigen Annahme erfolgt, dass das Unternehmen bis zum Jahr 2026 keine weiteren Verträge gewinnt. Hierdurch sind in unserer Planung die Umsätze von 2,916 Mrd. NOK in 2018 auf nur noch 1,824 Mrd. NOK in 2026 abgeschmolzen.

Tatsächlich hat der Marktführer zwischenzeitlich drei aus sechs möglichen Ausschreibungen gewonnen.

Annahme 2) Wir unterstellten Fjord1 als eigentümergeführte Gesellschaft eine gewisse Stringenz bezogen auf die Preisfindung für neue Verträge.

Dies wurde bestätigt. Wir haben die Arithmetik der neu gewonnenen Verträge auseinander genommen und konnten nachvollziehen, dass Fjord1 (je nach       Finanzierungstruktur) auf elektrisch betriebene neue Fähren (wie sie auf vielen der neu gewonnenen Verbindungen zum Einsatz kommen) >15% Rendite auf das dafür eingesetzte Eigenkapital erwirtschaftet.

Annahme 3) Unsere damalige Planung ging davon aus, dass (ausgelöst durch das laufende Investitionsprogramm) zunehmende Abschreibungen den Jahresüberschuss und somit auch die Dividenden reduzieren würden. Unser Fokus lag stattdessen auf den Cashflows, die weiterhin sehr hoch ausfallen sollten.

Unsere Annahme wurde bestätigt und wird durch eine geringer als angenommene effektive Steuerquote weiter verbessert. Denn die tatsächlich anfallenden planmäßigen Abschreibungen fallen deutlich geringer aus, als die steuerrelevanten Abschreibungen. Das führt nebenbei zu mehr Ergebnis und mehr Spielraum für Dividenden als geplant.

Wir halten fest: operativ ist alles im grünen Bereich – und trotzdem ist die Aktie zuletzt gefallen.

  • Am 15. Mai war der Ex-Tag für die Dividende. Der Dividendenabschlag erklärt einen Kursrückgang von 2,70 NOK => Dieser Teil des Kursrückgangs kann insofern ausgeklammert werden.
  • Q1-Zahlen. Zeitgleich hat die Gesellschaft in der letzten Woche ihre Q1-Zahlen veröffentlicht. Rechnet man das Q1-EBITDA auf das Gesamtjahr hoch, erhält man (noch) nicht die Größenordnung, die das Unternehmen mit der nochmals bestätigten Prognose für das Jahr 2019 in Aussicht gestellt hatte. Das überrascht uns nicht. Zum einen ist das erste Quartal saisonal bedingt immer schwächer als das das zweite und dritte. Zum anderen gab es gerade im Personalbereich im ersten Quartal Doppelbelastungen, weil für auslaufende und gleichzeitig neu anlaufende Verträge doppelt Personal vorgehalten werden musste => Bereinigt um den Dividendenabschlag notierte die Aktie nach den Q1-Zahlen leicht im Plus. Die Marktreaktion auf die Zahlen war insofern initial nicht negativ.
  • Molde-Vestnes. Die Ausschreibung für den Vertrag Molde-Vestnes konnte Fjord1 (wenn auch wirklich knapp) nicht für sich entscheiden. Stattdessen kam der Wettbewerber Boreal zum Zug. Bei einem Auftragsvolumen von 1,9 Mrd. NOK lag das Angebot von Fjord1 27 Mio. NOK (=1,4%) über dem Boreal-Angebot. In unserer Planung war ein neuer Molde-Vestnes-Vertrag nie enthalten. Insofern hat sich unser Investment Case  dadurch nicht verschoben. Kleine Anekdote am Rande: Uns ist zu Ohren gekommen, dass Boreal aktuell keine Schiffe zur Verfügung hat und wohl auch keine der bekannten Werften in der Lage sein wird, Boreal bis zum entsprechenden Zeitpunkt mit den dafür erforderlichen Schiffen zu beliefern. Bei einigen weiteren Verträgen musste Fjord1 zuletzt notgedrungen „einspringen“, da ein Wettbewerber die entsprechenden KPIs seiner Verträge nicht erreichen konnte. Dies war hochgradig lukrativ und führte zu zusätzlichen Erträgen im Jahr 2018 für Fjord1. Ist Boreal also in Bezug auf den jüngst gewonnenen Vertrag lieferfähig? Das bleibt abzuwarten – falls nicht freut sich möglicherweise (unser) Zweiter.
  • DNB Research. Einen Tag später korrigierte DNB das Kursziel auf 40 NOK herunter. Begründet wurde dies zum einen mit dem Q1-EBITDA (siehe oben). Hier war die DNB-Erwartung offensichtlich anders gelagert. Zum anderen wurde der nicht gewonnene Molde-Vestnes-Vertrag für eine Reduktion der Erwartungen herangezogen. DNB leitete die Bewertung von 40 NOK pro Aktie auf Basis von 2020er-Multiples her, was u.E. zu kurz greift (zumal Molde-Vestnes erst 2021 gestartet wäre). Bei einer sum of the parts-Bewertung kommt DNB auf einen fairen Wert von 53 NOK (aber die steht eben nicht als Kursziel auf der Titelseite).
  • Norled-Übernahme. Im Mai wurde bekanntgegeben, dass zwei Infrastrukturfonds (CapMan Infra aus Skandinavien und CBRE Caledon aus Kanada) den Fjord1-Wettbewerber Norled kaufen. Gemessen an den beförderten „passenager car equivalents“ ist Norled hinter Fjord1 und vor Torghatten zweitgrößter Player in Norwegen:

Unsere norwegischen Kontakte können der Übernahme aus Sicht von Fjord1 sowohl positive als auch negative Seiten abgewinnen. Negativ für Fjord1 ist sicherlich, dass zwei finanzkräftige Investoren Norled die Möglichkeit geben, an mehr Ausschreibungen teilzunehmen, als sie es ohne zusätzliche Finanzierung tun könnten (was potentiell die Teilnehmerzahl bei Ausschreibungen erhöht). Positiv könnte man werten, dass die Finanzinvestoren nicht ohne Grund in einen oligopolistischen Markt eingetreten sind, schließlich wollen sie selbst Geld verdienen. Norled trat bei Ausschreibungen zuletzt mit Konditionen an, mit denen primär Auftragsvolumen (zumindest aus Sicht der Wettbewerber), jedoch kaum Ergebnis gewonnen werden konnte. Dieses Auftreten im Rahmen von Ausschreibungen könnte sich – aufgrund der  auf Rendite fokussierten Finanzinvestoren – wieder normalisieren. => Zumindest für den Moment, wertet der Markt einen finanziell gestärkten Wettbewerber Norled heute offensichtlich aber als negativ für Fjord1.

Molde-Vestnes, Q1-Zahlen, die zumindest einige Marktteilnehmer wie DNB negativ überrascht haben sowie ein gestärkter Wettbewerber – all das sind kleine Puzzlesteine, die für sich genommen und in Summe den Kurs in den vergangenen Wochen belastet haben. Für unseren Investment Case ist lediglich die Norled-Übernahme relevant. Wir werden genau beobachten, in welcher Weise das Folgewirkungen auf künftige Ausschreibungen hat. Da die Ausschreibungen mit rund 2-2,5 Jahren Vorlauf vor Vertragsbeginn durchgeführt werden, sprechen wir allerdings in jedem Fall höchstens über einen mittelfristig wirksamen Effekt.

Doch selbst wenn das Umfeld kompetitiver werden sollte: auf Basis der sich bereits heute im Bestand befindlichen Verträge, erhalten wir als Aktionäre bis zum Jahr 2030 ca. 6 Mrd. freie Cashflows. Hinzu kommen mehr als 4 Mrd. NOK Tangible Assets in Form von Schiffen. Dem steht aktuell ein Enterprise Value (= Börsenwert + Verschuldung) von nur rund 7 Mrd. NOK gegenüber.