Abertis | Eine der aktuell spannendsten Übernahmen Europas

Was folgt, liest sich wie das Drehbuch für einen Wirtschaftskrimi. Packend, mit einigen unvorhersehbaren Winkelzügen und einem furiosen Finale, das bis zum Ende offen bleibt. Der Übernahmekampf um den spanischen Autobahnbetreiber Abertis bedient sich aller dramaturgischer Kniffe und bewegt sogar die politische Bühne, ist aufgrund seiner Komplexität allerdings nur etwas für echte Fans dieses Genres.

Die Protagonisten

Auf der einen Seite Atlantia, ein Infrastrukturunternehmen aus Italien. Das Management erhofft sich, durch diese Übernahme weltweit größter Autobahnbetreiber zu werden und die bisherige Nr. 1, Vinci aus Frankreich endlich abzulösen.

Auf der anderen Seite ACS, ein spanischer Mega-Baukonzern mit seiner deutschen Tochtergesellschaft Hochtief, der sich als zäher Antagonist präsentieren sollte.

Vorhang auf

Im Mai 2017 lancierte Atlantia ein Übernahmeangebot für Abertis in Höhe von 16,50 EUR. Der Aufstieg zur Nr. 1 in der Riege der Autobahnbetreiber schien frei. Kartellrechtliche Probleme waren nicht zu befürchten, schließlich sind beide Unternehmen schwerpunktmäßig in unterschiedlichen Ländern tätig. Allerdings tauchte schnell ein Hindernis auf, mit dem Atlantia so nicht gerechnet hatte: die latente Abneigung der spanischen Regierung gegen Atlantia als neuen Eigentümer.

Der spanische Wirtschaftsminister Luis de Guindos bemühte sich, stets eine neutrale Haltung im Hinblick auf die geplante Übernahme an den Tag zu legen. Doch wenn er von einem „nationalen Interesse“ an Abertis sprach, schwang unterschwellig immer auch eine gewisse Skepsis gegenüber Konzernen aus Italien mit.

Zu frisch war die Erinnerung an die 2006 gescheiterte Übernahme von Autostrade, dem Vorgänger von Atlantia, durch Abertis, die an den Bedenken der Regierung in Rom gescheitert war. Andere spanische Unternehmen hatten ähnlichen Widerstand aus Italien erfahren. Insofern ist es ein offenes Geheimnis, dass nicht wenige eine „rein spanische Lösung“ bei einer Übernahme von Abertis präferieren würden. Die Tatsache, dass Abertis mit 33 Mrd. EUR kein kleines Unternehmen ist, hat die ganze Sache nicht unbedingt vereinfacht.

Als Retter spanischer Interessen ist letztlich die Grupo ACS (Actividades de Construcción y Servicios) aktiv geworden. ACS war bereits vor Jahren mit rund 26% bei Abertis investiert, musste diese Beteiligung aber aufgrund einer erdrückenden Schuldenlast veräußern. Da auch heute die ACS-Bilanz eine Übernahme in einer solchen Größenordnung nicht zulassen würde, behalf man sich eines Kniffs: das Gegenangebot zu Atlantia wurde nicht direkt von ACS, sondern über die deutsche Tochtergesellschaft Hochtief abgegeben.

Im Oktober letzten Jahres überbot Hochtief dann mit 18,76 EUR je Abertis-Aktie das Angebot des Mitbewerbers. Abertis Aktionäre, die am neu entstehenden gemeinsamen Unternehmen beteiligt sein möchten, können alternativ zur Barkomponente auch ein Umtauschangebot in Hochtief-Aktien annehmen.

Unser Ausgangsszenario

Für Paladin ergab sich die Gelegenheit, die Abertis Aktie mit einem attraktiven Abschlag gegenüber dem Angebot von 18,76 EUR durch Hochtief zu erwerben. Im Grunde genommen ein Engagement mit doppeltem Boden. Denn selbst bei einem Scheitern der Übernahme durch Hochtief hätte das parallel vorliegende Angebot von Atlantia unser Kursrisiko nach unten begrenzt.

Ein Stück in mehreren Akten

Ein weiter steigender Kurs der Hochtief-Aktie bis zum Ende der Annahmefrist hätte durch das Umtauschangebot (alternativ zur Barkomponente) die Chance geboten, eine deutlich höhere Prämie zu vereinnahmen. Da sich der Kurs zwischenzeitlich jedoch merklich verringert hat, erscheint diese Option im Moment wenig realistisch.

Gleichzeitig erhöht sich seither allerdings die Eintrittswahrscheinlichkeit für ein zweites positives Szenario: nachdem Hochtief das vorliegende Atlantia-Angebot überboten hat, ist es nun nicht ausgeschlossen, dass Atlantia nachzieht und sein ursprüngliches Angebot erneut aufstockt. Jeder kann sich ausmalen, dass uns ein solcher Bieterkampf gelegen käme.

“We believe we have room to make our offer adequately competitive, at the right moment, without jeopardising value creation.” Aussagen wie diese von Atlantias Vorstand Giovanni Castellucci unterstreichen, wie entschlossen man im Kampf um Abertis ist. Schaut man sich das Geschäftsmodell und die Pläne von Altantia an, wundert diese Entschiedenheit keineswegs. Medienberichten zufolge genießt Atlantia die Unterstützung des Bankenkonsortiums für eine Erhöhung der Offerte durch neue Anleihen, weitere Verkäufe von Unternehmensteilen oder neue Kreditlinien. Im Moment spricht also vieles für eine Nachbesserung des Atlantia-Angebots.

So oder so: unser Engagement trägt bereits jetzt zur Fondsperformance bei und somit Früchte. Die Börse antizipiert die zuvor beschriebene Nachbesserung schon heute im Kurs der Abertis -Aktie, der aktuell bei 19,40 EUR steht und damit rund 5% über unserem Einstandskurs.

Das Finale

Die nächsten Wochen versprechen nun aus einer Vielzahl von Gründen spannend zu werden:

  • die Angebotsunterlage von Hochtief wird derzeit durch die CMNV, die spanische Wertpapierbörsenkommission geprüft; eine Genehmigung ist für die kommenden Wochen zu erwarten – wenig später beginnt dann die Angebotsfrist von 30 Tagen
  • frühestens ab Genehmigung der Angebotsunterlage wird mit einer Nachbesserung des ursprünglichen Angebots von Atlantia gerechnet
  • alles läuft auf ein finales Duell im Rahmen des sogenannten Sealed Envelope Verfahrens hin; dann werden beide Bieter aufgefordert, ihr letztes Angebot in einem verschlossen Umschlag bei der CNMV einzureichen.

Dranbleiben lohnt sich – wir halten Sie auf dem Laufenden.