Paladin Insights | Steico – ein hochgradig vorteilhaftes Umfeld! Größtes Risiko: Der Großaktionär?

Disclaimer: Dieser Beitrag dient ausschließlich der Information für Anleger der TGVs Paladin ONE und Paladin ORIGINS. Für Entscheidungen zum Kauf oder Verkauf von Anteilen der TGVs Paladin ONE und Paladin ORIGINS sind allein der Verkaufsprospekt und die Anlagebedingungen maßgeblich. Der Beitrag hat explizit nicht das Ziel, eine Investmentempfehlung für hier besprochene Wertpapiere auszusprechen. Es findet zudem keine Aktualisierung der hier getroffenen Aussagen statt.

Die EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie (EPBD) aus Brüssel und das Sondervermögen für Infrastruktur der neuen Bundesregierung: Beide Maßnahmen sind für unsere Beteiligung STEICO hochgradig vorteilhaft. Das Unternehmen produziert und verkauft Bauprodukte aus nachwachsenden Rohstoffen und sieht sich selbst als Marktführer im Bereich der Holzfaser-Dämmstoffe.

Die wichtigsten Märkte für STEICO sind Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Der deutschsprachige Raum ist mit 39,4 Prozent Umsatzanteil dabei der größte Markt. Hier war das Unternehmen zuletzt nicht nur mit einer schwachen Baubranche, sondern auch politisch volatilen Rahmenbedingungen konfrontiert. Nun ergänzen sich aber die EPBD und das Sondervermögen komplementär.

Die EPBD hat anspruchsvolle Ziele, die bis zum 29. Mai 2026 in nationales Recht umgesetzt werden müssen: Für Nichtwohngebäude wurden verpflichtende Mindeststandards (Minimum Efficiency Performance Standard) definiert. Hieraus ergibt sich eine Sanierungspflicht der energetisch schlechtesten 16 Prozent bis 2030; bis 2035 der energetisch schlechtesten 26 Prozent.

Bei Wohngebäuden soll der durchschnittliche Primärenergieverbrauch bis 2030 um mindestens 16 Prozent gesenkt werden. Mindestens 55 Prozent der Einsparungen sollen durch Sanierung der Wohngebäude mit der schlechtesten Energieeffizienz erzielt werden. Dieses Ziel lässt sich nicht durch Anlagentechnik – beispielsweise neue Heizungen – erzielen, sondern nur in Kombination mit einer Verbesserung der Gebäudehülle.

Durch das Sondervermögen für Infrastruktur ist nun gleichzeitig sichergestellt, dass zur Erreichung dieser ambitionierten Ziele auch finanziell aus dem Vollen geschöpft werden kann. Denn 100 Mrd. Euro fließen direkt in den Klima- und Transformationsfonds (KTF). Dieser wiederum hat unter anderem den Zweck, Dämm- und Sanierungsmaßnahmen im Gebäudebestand zu fördern.

Der Bundesverband energieeffiziente Gebäudehülle e.V. (BuVEG) hat ausgerechnet, dass im Gebäudebestand eine Sanierungsquote von mindestens 1,9 Prozent pro Jahr notwendig wäre, um die gesteckten Klimaziele zu erreichen. Zuletzt lag die Quote bei 0,69 Prozent. Die Sanierungstätigkeit muss insofern drastisch erhöht werden. Der politische Wille ist über die EPBD in konkrete Ziele gegossen; Geld steht über das jüngst beschlossene Sondervermögen zur Verfügung – in Summe lässt dies ab dem kommenden Jahr eine deutliche Dynamik bei energetischen Sanierungsmaßnahmen erwarten.

Anbieter von Dämmstoffen wie STEICO oder STO sollten hiervon stark profitieren. Wobei wir von den beiden börsennotierten Unternehmen aktuell STEICO den Vorzug geben, weil sie einen stärkeren Fokus auf Sanierungsmaßnahmen haben. Gleichzeitig blieb das Unternehmen von dem durch rückläufige Baugenehmigungen bedingten Einschlag im Neubau-Segment weitgehend verschont. Denn der Holzbau, in dem STEICO stark vertreten ist, hat sich im Vergleich zu anderen Bauweisen relativ gut behauptet (was aber nicht bedeutet, dass wir nicht auch STO mit großem Interesse verfolgen).

Das größte Risiko bei STEICO sehen wir jedoch abseits des operativen Geschäfts. Denn seit gut zwei Jahren ist der irische Wettbewerber Kingspan Group plc Mehrheitseigentümer. Die Iren halten mittlerweile rund 51 Prozent an STEICO und haben eine Option auf weitere 10 Prozent, die momentan noch von Udo Schramek gehalten werden, womit aber ein nach wie vor fühlbarer Streubesitz besteht.

Die Umstände des mehrheitlichen Erwerbs durch Kingspan betrachten wir kritisch. Verkauft hat der Gründer und damalige Großaktionär Udo Schramek. Er hat für sich einen Kaufpreis von 35 Euro pro Aktie vereinbart. Daneben wurde eine Kaufpreisnachbesserung vereinbart, deren Höhe sich aus der EBITDA-Entwicklung von STEICO ergeben sollte. Im besten Fall ließ dies eine Erhöhung des Kaufpreises auf bis zu 70 Euro pro Aktie zu. Aktuell notiert die Aktie bei knapp 22 Euro.

In eine solche Transaktion hätte wohl ein großer Teil der Minderheitsaktionäre auch eingewilligt. Nur bestand hierfür keine Möglichkeit. Denn ein Übernahmeangebot nach den Regeln des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes (WpÜG) wurde nicht fällig. Hier hat Kingspan von einer Regelungslücke profitiert: Das WpÜG greift nämlich nicht bei Unternehmen, deren Aktien lediglich im Freiverkehr notiert sind.

Gleichzeitig wirft dies aber auch Schatten auf die beiden Parteien des Kaufvertrags. Udo Schramek hat einen für sich persönlich attraktiven Exit verhandelt. Er hat es aber ausgelassen, dieselben Konditionen für alle anderen Aktionäre gleichermaßen zu verhandeln. Dies kann aufgrund seiner damaligen Doppelrolle durchaus als kritisch betrachtet werden. Denn Schramek hat die Transaktion nicht nur als Großaktionär verhandelt, sondern war gleichzeitig Vorsitzender des Verwaltungsrats und CEO der Steico SE – also umso mehr auch den Minderheitsaktionären verpflichtet. Das geht über die reine Treupflicht hinaus, die sich allein aus der Aktionärsstellung ergibt.

Denn wenn ein Vorstand als Mehrheitsaktionär Informationen, die er durch seine Organstellung erlangt hat, für den Verkaufsprozess verwendet, könnte dies eine Verletzung der Informationspflicht gegenüber der Gesellschaft darstellen. Der Vorstand darf sein internes Wissen über die Gesellschaft und ihre strategische Position nicht für persönliche Vorteile nutzen, etwa zur Maximierung des Verkaufspreises seiner Anteile. Die Verwendung von Informationen, die er nur aufgrund seiner Vorstandsstellung besitzt, könnte insofern eine unzulässige Vorteilsnahme darstellen. Die Weitergabe dieser Informationen an den Erwerber ohne Berücksichtigung der Minderheitsaktionäre könnte damit als Verstoß gegen seine Pflichten als Vorstand interpretiert werden. Es ist nicht ausgeschlossen, dass damit eine Missachtung des Gleichbehandlungsgebots nach §53a AktG vorliegt. Minderheitsaktionäre könnten argumentieren, dass ihnen durch die Nichtberücksichtigung in der Transaktion ein wirtschaftlicher Schaden entstanden ist.

Für den Moment ist es ruhig bei STEICO. Aus unserer Sicht aus gutem Grund. Denn die operativen Aussichten sind – wie oben angerissen – für die nächsten Jahre exzellent.

Das größte Risiko für die Minderheitsaktionäre besteht sicherlich darin, dass Kingspan zu dem Schluss kommen könnte, es sei besser, eher mehr als weniger an STEICO zu halten, bevor die erwartbare operative Dynamik wieder deutlich sichtbar wird.

Die Konzernstruktur von Kingspan legt nahe, dass das Unternehmen bei Tochtergesellschaften wenig Wert auf Minderheitsaktionäre legt. Insofern könnte es durchaus dazu kommen, dass Kingspan die Minderheitsaktionäre perspektivisch mit einem Übernahmeangebot plus Delisting konfrontiert.

Kingspan müsste den Minderheitsaktionären dann vermutlich eine Prämie auf den Aktienkurs bieten. Andernfalls wird man Minderheiten nicht los, womit man wichtige Schwellen für weitere Strukturmaßnahmen ebenso wenig erreicht. Aber es wäre wohl denkbar, dass ein etwaiges Übernahmeangebot nicht das volle Potential der STEICO-Aktie widerspiegeln würde – und vermutlich auch nicht dem Preis entsprechen würde, den Udo Schramek erhalten hat (der immerhin zwischen 35 und 70 Euro liegt).

Genau deswegen waren wir zuletzt aktiv mit STEICO im Gespräch. Unser Ziel: Eine Zusage, dass die Börsennotiz aufrechterhalten wird. Bisher haben wir von dem durch Kingspan-Entsandte geführten Verwaltungsrat lediglich die Aussage, dass bisher (!) keine anderweitige Entscheidung getroffen sei (was ja ansonsten auch adhoc hätte bekannt gegeben werden müssen). Mehr aber auch nicht.

Kommt es zu einem „zu günstigen Übernahmeangebot“, gewännen sicherlich die Umstände rund um die Transaktion zwischen Udo Schramek und Kingspan im Nachhinein deutlich an Relevanz. Deswegen rückt für uns die kommende ordentliche Hauptversammlung in den Fokus, die Ende Juni stattfinden wird.

Wir sind überzeugt, dass STEICO über die kommenden Jahre eine wichtige Säule in der energetischen Sanierung sein wird, und möchten Teil hiervon sein. Gleichwohl gilt es zu vermeiden, auf den ersten Metern der Wegstrecke zu günstig vom Großaktionär aus dem Unternehmen gedrängt zu werden. Beides haben wir im Blick.