TomTom: deutsche Bürokratie vs. Realität

Bereits im letzten Investorenbrief haben wir unseren Neuzugang TomTom ausführlich vorgestellt.

Bislang haben unsere Investoren im Paladin ONE an diesem Engagement gleich doppelt Grund zur Freude. Zum einen, weil die jüngste Entwicklung unseren Investment Case bestätigt (hierzu gleich mehr). Zum anderen ist unser Investment in TomTom ein schönes Beispiel dafür, wie wir uns im ständig wachsenden Paladin Netzwerk wechselseitig unterstützen und inspirieren. Die Idee zu TomTom ist im Dialog mit einem unserer langjährigen Investoren entstanden. Die Kommunikation über Investorenbriefe und Paladin Insights ist bei weitem keine Einbahnstraße ist. Vielmehr gehört zu unseren Anlegern mittlerweile eine illustre Schar an Investoren, die selbst seit etlichen Jahren erfolgreich an der Börse aktiv ist. Untereinander entsteht ein Austausch, der immer wertvoller wird und von dem alle Investoren im Fonds profitieren.

An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön nach Süddeutschland – nicht nur für Dein Vertrauen in unsere Arbeit, sondern auch für die angenehmen und inspirierenden Dialoge!

Aber zurück zu TomTom. Wir haben Anfang April darüber berichtet, dass das Unternehmen nach dem Verkauf des Bereichs Telematics eine große Kapitalrückzahlung an die Aktionäre in Aussicht gestellt hat. Hier ging es bei einem Börsenkurs von 7,50 Euro immerhin um 3,22 Euro pro Aktie. Diese Kapitalrückzahlung sollte „im Laufe des Jahres 2019“ stattfinden.

Ganz offensichtlich konnte dem Unternehmen aber diese Rückzahlung an die Aktionäre nicht schnell genug gehen (was auch unsere Theorie nährt, dass die Maßnahme möglicherweise dazu dient, das Unternehmen für einen Verkauf etwas aufzuhübschen). Denn tatsächlich hat die Gesellschaft das Kapital bereits in der letzten Woche zurückbezahlt.

Für diese Kapitalrückzahlung hat TomTom Rücklagen im Eigenkapital in Nominalkapital umgewandelt. Erfolgt eine Umwandlung aus Rücklagen, die keine Gewinnrücklagen sind, ist die dann folgende Rückzahlung für die Aktionäre steuerfrei. Im vorliegenden Fall hat TomTom von Beginn an kommuniziert, dass die Bedingungen für eine steuerfreie Rückzahlung erfüllt sind.

Der Teufel liegt allerdings, wie so häufig, im Detail. Das gilt insbesondere bei grenzüberschreitenden Vorgängen. Aus diesem Grund suchten wir frühzeitig den Dialog mit WM Datenservice.

Der WM Datenservice gehört zur Herausgebergemeinschaft Wertpapier-Mitteilungen, Keppler, Lehmann GmbH & Co. KG, zu der u.a. auch die Börsen-Zeitung gehört. Der WM Datenservice wertet Unternehmensveröffentlichungen und insbesondere Kapitalmaßnahmen aus und stellt depotführenden Banken Informationen zur Abwicklung zur Verfügung.

Übersetzt heißt das: der WM Datenservice klassifiziert jede Kapitalmaßnahme. Und diese Klassifizierung verbreitet sich danach blitzschnell über diverse Datenbanken im kompletten deutschen Bankensystem. Und die Banken setzen die Kapitalmaßnahmen für ihre Kunden entsprechend der gelieferten Informationen um.

An eben jenem WM Datenservice haben wir uns aber leider die Zähne ausgebissen. Gemeinsam mit TomTom versuchten wir vergeblich, eine Klassifizierung als steuerfreie Kapitalrückzahlung zu erreichen. Stattdessen stufte WM Datenservice die Zahlung als steuerpflichtige Dividende ein. Für die von uns gehaltenen TomTom-Aktien war dies unproblematisch, weil im Fonds keine deutschen Steuern auf ausländische Dividenden abgeführt werden. Was dies allerdings für den Privatanleger bedeutet, hat das Magazin Wirtschaftswoche überaus treffend auf den Punkt gebracht: „TomTom zahlt, deutsche Aktionäre fluchen“.

Der WM Datenservice hat sich in diesem Fall letztlich auf den Standpunkt zurückgezogen, die Zahlung nur dann als steuerfrei zu klassifizieren, wenn eine Bestätigung über die Steuerfreiheit vom Bundeszentralamt für Steuern vorläge. Hierfür hätte TomTom beim Bundeszentralamt einen entsprechenden Antrag stellen müssen; was sogar online möglich wäre. Nur leider sollte man – so die telefonische Auskunft des Bundeszentralamts für Steuern – von einer Bearbeitungszeit von acht bis zehn Monaten ausgehen. Hier kollidiert dann leider die deutsche Bürokratie mit der Realität (oder umgekehrt).

In unserem Bewertungsmodell hat sich der faire Wert nach der Rückzahlung durch zwei gegenläufige Effekte unterm Strich erhöht: wertreduzierend wirkt sich die Auszahlung der 710 Mio. Euro an die Aktionäre aus. Gleichzeitig hat sich aber auch die Zahl der ausstehenden Aktien erheblich reduziert, so dass sich der ermittelte Unternehmenswert auf weniger Aktien verteilt. Insofern ist es aus unserer Sicht folgerichtig, dass die TomTom-Aktie nach der Rückzahlung einen kleinen Sprung nach oben gemacht hat.